Streicher musizierten mit Leichtigkeit (SZ RV vom 27.03.2017)

Foto Helmut Voith

Streicher musizierten mit Leichtigkeit

Weißenau chv Zur traditionellen Matinee hat das Sinfonieorchester Friedrichshafen am Sonntagmorgen in den Festsaal des Klosters Weißenau eingeladen. Die Besucher im vollen Saal bekamen ein Konzert zu hören, das auf ganz unterschiedliche Weise süchtig machte nach Musik.

Anmutig und duftig wie der Frühlingsmorgen war der Beginn mit der „Mailänder Sinfonie“ D-Dur KV 155, die Wolfgang Amadeus Mozart als 16-Jähriger auf seiner dritten Italienreise schrieb. Mit herrlicher Leichtigkeit musizierten die Streicher, schwirrend und flirrend zog das Allegro vorüber, weit breitete das Andante seine Schwingen aus, während das abschließende Allegro zwischen luftigem Federn und vitalem Spiel pendelte.Ein Glockenschlag eröffnete sodann Arvo Pärts „Cantus in memoriam Benjamin Britten“. Pianissimo schloss sich scheinbar feines Glocken- und Flötenspiel an, das doch allein in der ersten Violine entstand. Ein spannendes Hörerlebnis war es, wie zum beständig wiederholten Anschlag der auf A gestimmten Glocke Notenwerte und Intervalle sich sukzessive vergrößerten, wie im Kanon ein immer komplexerer, suggestiver Klangeindruck entstand.

Mit Pablo de Sarasates Introduction und Tarantella op. 43 und seinen Zigeunerweisen op. 20 tauchte das Orchester in die sprühende Vitalität süditalienischer und ungarischer Tanzformen ein. Berauschend war hier das Spiel des jungen Geigers Oskar Kaiser, dessen Entwicklung der Dirigent des Orchesters, Musikdirektor Joachim Trost, als sein Musiklehrer seit der fünften Klasse mitverfolgt hat. Seit 2013 studiert Kaiser am Vorarlberger Landeskonservatorium in Feldkirch und begeisterte in Weißenau mit Virtuosität.

Mit Leoš Janáčeks tänzerischem Stück „Idyla“ wanderten die Musiker weiter zur slawischen Volkssprache. Ein melancholischer Zug begleitete die Kahnfahrt mit ihrem wogenden Auf und Ab der Streicher, pure Idylle wechselte mit beschwingtem ländlichem Tanz, Selbstbewusstsein hörte man aus dem Energie sprühenden Finale heraus. Im Nu war in dieser Matinee eine Stunde verflogen, ehe Trost und das Sinfonierochester die Zuhörer mit dem Stück „Frolic“ aus der English Suite von Sir Charles Hubert Parry entließen.

Böhmische Klänge treffen Tarantella (SZ vom 16.03.2017)

Sinfonieorchester Friedrichshafen gibt eine Streicher-Matinée im Klostersaal Weissenau

Friedrichshafen sz Das Sinfonieorchester Friedrichshafen spielt unter der Leitung von Musikdirektor Joachim Trost bei seinem Frühjahrskonzert Werke so unterschiedlicher Komponisten wie Wolfgang Amadeus Mozart, Arvo Pärt und Leos Janacek, wie das Orchester mitteilt. Das Konzert im Klostersaal Weissenau am Sonntag, 26. März, beginnt um 11 Uhr. Solist ist Oskar Kaiser aus Tettnang. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.

„Den Auftakt bildet ein erfrischendes Jugendwerk von Mozart“, sagt Joachim Trost. 1772 brach Mozart mit seinem Vater zur dritten Reise nach Mailand auf. Sie wollten dort die Premiere einer Oper vorbereiten. Eine Reise von Salzburg nach Mailand war damals lang und beschwerlich, Smartphones gab es noch nicht. Der 16-jährige Mozart musste sich die Zeit anders vertreiben. Aus Bozen schrieb der Vater nach Hause: „Der Wolfgang befindet sich auch wohl; er schreibt eben für die lange Weile ein quatro.” Die so entstandenen Werke sind als „Mailänder Sinfonien“ bekannt: kurze, dreisätzige Werke voll sonniger Melodien.

Mathematische Klänge

Der estnische Komponist Arvo Pärt bewunderte seinen britischen Kollegen Benjamin Britten, ist ihm aber nie begegnet. Ihm zu Ehren schrieb er den „Cantus in Memoriam Benjamin Britten“. „Es ist ein sehr persönliches Stück“, sagt Trost. Darin verbindet Pärt alte Kompositionstechniken aus dem Paris des 12. Jahrhunderts mit einem doppelten Kanon für Streicher und Glocke. Ganz leise beginnend, ergibt sich eine Stimme aus der vorigen in mathematisch berechneten Beziehungen – eine Oktave tiefer, halb so schnell. So entsteht eine vielschichte Meditation über harmonische Grundtöne.

Immer wieder gibt das Sinfonieorchester jungen Solisten die Möglichkeit, mit Orchester zu musizieren. In Weissenau wird Oskar Kaiser die Virtuosenstücke „Introduktion und Tarantella“ und „Zigeunerweisen“ von Pablo Sarasate spielen – basierend auf Volkstänzen aus Italien und Ungarn verbinden sie rasante Schnelligkeit und komplexe Technik mit viel Seele, heißt es in der Pressemitteilung. Kaiser hat bereits vor eineinhalb Jahren mit dem Orchester Tschaikowskis Violinkonzert gespielt. Damals war er Schüler, heute studiert er am Konservatorium in Feldkirch. „Ich kenne Oskar schon seit der fünften Klasse“, sagt Trost. „Ich bin gespannt, wie er sich weiter entwickelt hat.“

Böhmische Tanzrhythmen

Ein selten aufgeführtes Stück ist „Idyll“ des Tschechen Leos Janacek. Er ist eher für Opern bekannt, „Das schlaue Füchslein“ etwa lief vor wenigen Jahren im Rahmenprogramm der Bregenzer Festspiele. „Janacek hat in „Idyla“ böhmische Tanzrhythmen und Spielfreude aufgenommen, es ist ein Werk von zum Teil herber Schönheit“, sagt Trost. Janacek setzte Eigenheiten der tschechischen Sprache und Elemente der Volksmusik in moderne Klänge um und beeinflusste damit die Musik des 20. Jahrhunderts.